Als meine
Familie 1960 nach Heilbronn zog, da fragte eine alte Heilbronnerin – eine Nachbarin
meine Mutter in einem netten Gespräch, „Sind Sie evangelisch oder katholisch?“
Obwohl meine
Eltern nie in die Kirche gingen, sagte meine Mutter verlegend, „Wir sind
evangelisch“.
„Das ist gut,
Heilbronn ist immer schon evangelisch“, stellte triumphierend die Nachbarin, „katholisch
wäre schlimm – katholisch ist schlimmer als jüdisch“.
Ich war sehr
erschrocken. Ich war als einiges Mitglied der Familie seit meinem fünften
Lebensjahr sonntags in die Kirche gegangen, dank der Nachbarin, die Witwe Berta
Franz, in meiner Heimat Grimmen/Meck-Pomm, die mich für die Christenheit gerettet
hatte.
Erst ging ich
jeden Sonntag sehr gern in den Normal-Gottesdienst, weil der lutherische Gottesdienst
feierlich, später in den Kinder-Gottesdienst … von meinem
14. Lebensjahr wechselnd in die den katholischen und evangelischen Gottesdienst. Weil ich nicht wusste, welche der richtige
Kirche für mich ist.
Nachdem ich
beim evangelischen Kirchentag 1969 war, bin ich aus der evangelischen Kirche
austritt. Das war nicht meine Kirche. Nach Jahrzehnten wurde katholisch – und bin
es heute noch – mit Begeisterung.
Heilbronn
war immer antisemitisch und anti-katholisch. Der Rat der Stadt Heilbronn war
streng protestantisch – und antisemitisch. Da hatte die alte Nachbarin in ihrer
Naivität Recht.
Bis 1830
durften in Heilbronn über 300 Jahren Juden nicht wohnen. Das war das Gesetz der
Protestanten in Heilbronn. Und der Antisemitismus dauerte weit über das Jahr
1945 hinaus. Und ist heute noch spürbar.
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